Wien, revisited
Ich habe es merkwürdigerweise in sechs Jahren München nie geschafft, die Frauenkirche von innen zu sehen. So ist das meistens, wenn man etwas vor der Nase hat. Man meint, man habe ja noch alle Zeit der Welt, das zu tun. Wären ja auch nur ein paar Meter gewesen.

Den Stephansdom in Wien habe ich heute zum dritten oder vierten Mal von innen besichtigt, obwohl ich nicht gerade ein tief religiöser Mensch bin. Aber sakrale Bauten, vor allem in dieser monumentalen Größe, üben eine seltsame Faszination auf mich aus. Wenn ich die fantasielosen, dahingeklatschten Gebäude unserer Tage so anschaue, bewundere ich umso mehr, wie man vor Jahrhunderten solche Dinger hinstellen konnte.

Nebenbei, Wien mit seinen verwinkelten Gassen, in denen es alle paar Meter etwas zu sehen gibt, wenn man nur genau hinsieht, hat tatsächlich eine ganz besondere Atmosphäre. Sitzt man, beispielsweise, in Düsseldorf bei einer Latte Macchiato in einem Straßencafe, sind die Leute so angestrengt und anstrengend wie nie, weil sie mal eben so richtig locker sein wollen. Hier sitzen sie Tag und Nacht auf der Straße und niemand findet es albern.
Man hat allerdings ziemlich bizarre Erlebnisse, wenn Sakralbauten unweigerlich auch zu Touristenattraktionen werden. Mitten im Gottesdienst im Stephansdom laufen kurzbehoste Touristen mit Billig-Digitalkameras durch die Gegend und knipsen alles, was ihnen vor die Flinte kommt. Die heilige Mutter Kirche spielt das Spiel gerne mit, mit einem Domshop und audiovisuellen Führern für einen oder zwei Euro und allerlei Tand, der mich unweigerlich an den Mönch Tetzel und seine lustigen Ablasszettel erinnert. Mit auch nur halbwegs, naja nennen wir es mal so, spiritueller Athmosphäre hat das nicht viel zu tun.


Wien ist irgendwie komisch, oder, sagen wir, unaufgeräumter als München. Du findest Edel-Boutiquen und halb verfallene Häuser in einem Straßenzug, du findest die Jazz-Bar mit einem zugegeben wunderbaren Pianisten direkt neben dem Nobel-Puff, in dem ältere Herren im Business-Anzug in regelmäßigen Abständen mit beglücktem Gesicht den Ausgang verlassen.

Direkt neben der israelitischen Kultusgemeinde, was bei uns ganz schnell und zuverlässig den deutschen Gutmenschen auf den Plan rufen würde. Vielleicht gäb´s auch ein paar Mahnwachen, mindestens aber einen geharnischten Leserbrief an die örtliche Zeitung.

Witzigen Sprachgebrauch haben sie hier. „Zetteln“ sollen hier nicht „ausgeworfen“ werden, was so viel bedeutet wie unser kurzknappes „Keine Werbung“. Und hier gibt es Volkswohnanlagen und überhaupt ist alles gedehnter und auf charmanter Art umständlicher als preußisch-rigides Hochdeutsch. So ist das hier, im 1. Bezirk, der trotz allem Tourismus immer noch wienerischer wirkt als jede Ecke Münchens, wo es eine eigene Münchner Identität nur noch selten gibt. Und: München ist weitgehend dialektfrei. Wien nicht.
Morgen Kurzabstecher zurück nach München, dann nach Köln. Heißt konkret: Ich muss die Frauenkirche doch noch von innen sehen und wenn ich schon dabei, mache ich auch den Kölner Dom. Den habe ich zwar mal von innen gesehen, aber das war exakt vor 23 Jahren im Grundkurs Kunstgeschichte und ich erinnere mich an einen vermutlich hochkompetenten Vortrag meines KG-Lehrers Rudi B. Wirklich im Kopf habe ich aber nur das Foto, als einer aus unserer Klasse auf der Empore hinter ihm stehend einen Kuss auf die pralle Glatze des Herrn Lehrers andeutet.
Wird Zeit, dass ich zum Kölner Dom mal andere Assoziationen bekomme.

Den Stephansdom in Wien habe ich heute zum dritten oder vierten Mal von innen besichtigt, obwohl ich nicht gerade ein tief religiöser Mensch bin. Aber sakrale Bauten, vor allem in dieser monumentalen Größe, üben eine seltsame Faszination auf mich aus. Wenn ich die fantasielosen, dahingeklatschten Gebäude unserer Tage so anschaue, bewundere ich umso mehr, wie man vor Jahrhunderten solche Dinger hinstellen konnte.

Nebenbei, Wien mit seinen verwinkelten Gassen, in denen es alle paar Meter etwas zu sehen gibt, wenn man nur genau hinsieht, hat tatsächlich eine ganz besondere Atmosphäre. Sitzt man, beispielsweise, in Düsseldorf bei einer Latte Macchiato in einem Straßencafe, sind die Leute so angestrengt und anstrengend wie nie, weil sie mal eben so richtig locker sein wollen. Hier sitzen sie Tag und Nacht auf der Straße und niemand findet es albern.
Man hat allerdings ziemlich bizarre Erlebnisse, wenn Sakralbauten unweigerlich auch zu Touristenattraktionen werden. Mitten im Gottesdienst im Stephansdom laufen kurzbehoste Touristen mit Billig-Digitalkameras durch die Gegend und knipsen alles, was ihnen vor die Flinte kommt. Die heilige Mutter Kirche spielt das Spiel gerne mit, mit einem Domshop und audiovisuellen Führern für einen oder zwei Euro und allerlei Tand, der mich unweigerlich an den Mönch Tetzel und seine lustigen Ablasszettel erinnert. Mit auch nur halbwegs, naja nennen wir es mal so, spiritueller Athmosphäre hat das nicht viel zu tun.


Wien ist irgendwie komisch, oder, sagen wir, unaufgeräumter als München. Du findest Edel-Boutiquen und halb verfallene Häuser in einem Straßenzug, du findest die Jazz-Bar mit einem zugegeben wunderbaren Pianisten direkt neben dem Nobel-Puff, in dem ältere Herren im Business-Anzug in regelmäßigen Abständen mit beglücktem Gesicht den Ausgang verlassen.

Direkt neben der israelitischen Kultusgemeinde, was bei uns ganz schnell und zuverlässig den deutschen Gutmenschen auf den Plan rufen würde. Vielleicht gäb´s auch ein paar Mahnwachen, mindestens aber einen geharnischten Leserbrief an die örtliche Zeitung.

Witzigen Sprachgebrauch haben sie hier. „Zetteln“ sollen hier nicht „ausgeworfen“ werden, was so viel bedeutet wie unser kurzknappes „Keine Werbung“. Und hier gibt es Volkswohnanlagen und überhaupt ist alles gedehnter und auf charmanter Art umständlicher als preußisch-rigides Hochdeutsch. So ist das hier, im 1. Bezirk, der trotz allem Tourismus immer noch wienerischer wirkt als jede Ecke Münchens, wo es eine eigene Münchner Identität nur noch selten gibt. Und: München ist weitgehend dialektfrei. Wien nicht.
Morgen Kurzabstecher zurück nach München, dann nach Köln. Heißt konkret: Ich muss die Frauenkirche doch noch von innen sehen und wenn ich schon dabei, mache ich auch den Kölner Dom. Den habe ich zwar mal von innen gesehen, aber das war exakt vor 23 Jahren im Grundkurs Kunstgeschichte und ich erinnere mich an einen vermutlich hochkompetenten Vortrag meines KG-Lehrers Rudi B. Wirklich im Kopf habe ich aber nur das Foto, als einer aus unserer Klasse auf der Empore hinter ihm stehend einen Kuss auf die pralle Glatze des Herrn Lehrers andeutet.
Wird Zeit, dass ich zum Kölner Dom mal andere Assoziationen bekomme.
Herzogspitalstr. 14 - 16. Mai, 20:40