Ein sakrales Donnerwetter

Wieder was gelernt: Ich will keine Weihnachtsgottesdienste ohne einen Geistlichen. Ich will, verdammt noch mal, einen schwarz gewandeten Herrn da oben, weil es ohne ihn nicht wirklich feierlich ist. Anscheinend ist der Priestermangel inzwischen so weit fortgeschritten, dass es nicht mal in Niederbayern genügend davon gibt, jeden Weihnachtsgottesdienst in jeder Gemeinde zu bestücken. Ich sollte mich natürlich nicht beschweren, außer meinen unvermeidlichn Kirchensteuern bekommt die katholische Kirche von mir - nichts, rien, nada, außer meinem jährlichen Besuch an Weihnachten, was man natürlich jetzt argumentativ wunderbar auseinander nehmen könnte, aber lasst mal gut sein. Ich gehe an Weihnachten in die Kirche und irgendwann mal möchte ich auf einem Friedhof begraben sein und irgendein Pfarrer soll salbungsvolle Worte dazu sprechen, die ohnehin kein Mensch glaubt. Man kann halt die Grundfeste seines Lebens nicht einfach so abschütteln, und wenn sie noch so iditiotisch sind. Und dazu gehört nun mal auch, dass ich an Weihnachten keine dauergewellte Kaltmamsell vom Frauenbund als Ersatz für unseren noch dazu überaus netten Pfarrer, der mich regelmäßig an Pater Ralph erinnert, akzeptieren kann. Außerdem hat sie geleiert bei der Lesung. Eine leiernde Kaltmamsell liest die Schöpfung, das muss man sich mal vorstellen. Mit Dauerwelle.


Und natürlich hatte ich auch diese sakralbrachialen Donnerwetter im Ohr, die mein Großvater während der Weihnachtsfeiertage immer von der Orgel auf die Kirchenbesucher losließ. In meiner Erinnerung bestand dieses Donnerwetter vor allem daraus, dass irgendwann der Brustkorb vibrierte und die Kirchenmauern zu erzittern begannen und dass dieses Orgelkonzert irgendwas in einer Mischung aus Trance und Exstase war. Wenn ich das noch richtig vor Augen habe, dann war der ganze Mensch in Bewegung, bediente 17 Register gleichzeitig, war mit den Füßen auf den Pedalen unterwegs und brachte ein paar tausend Orgelpfeifen gleichzeitig zum Rasen. Der Mann gestern klang wie einer mit einem VHS-Kurs auf einer Hammondorgel. Kaltmamsellen und VHS-Orgler, gute Zeit, Weihnachten ist auch nicht mehr das, was es mal war.


Sehr zu empfehlen in solchen Fällen, und falls die CD mit dem Orgelkonzert des eigenen Großvaters gerade nicht greifbar ist: Bach-Orgelkonzerte von - nee, falsch, jetzt kommt nicht der unvermeidliche Karl Richter, den sie alle in die Runde werfen, wenn sie beweisen wollen, schon mal von Organisten gehört zu haben. Simon Preston. Nicht verwandt mit Billy.


Allerdings ist es ziemlich großartig, dass ich verschont geblieben bn von lauter Höflichkeitspräsenten, die dann irgendwann in der Ecke landen. Ich kann Lojewski lesen, mich über Schollis Kompilationen freuen.
Aber als erstes mache ich mich jetzt daran, Geister im Nebel zu bekämpfen. Für immer und immer und immer.
Herzogspitalstr. 14 - 25. Dez, 12:31
"Na, dann gengan ma amoi do drent hi".
Besser???