Sie
Keine Ahnung, wer auf die Idee gekommen war, diese Veranstaltung in einen Tempel der Hochfinanz zu legen. Medienmenschen und Hochfinanz, das beißt sich eigentlich, wenn man nicht gerade als Journalist über das Thema berichten und sich bei PK´s unterwürfig den Heuschrecken zu Füßen legen muss. Jedenfalls, irgendwie schienen sie mir alle verkleidet, schließlich sind Dresscodes von Medienleuten und Bankern grundverschieden. Der Banker verlangt schließlich sogar von seinem pickeligen Lehrjungen am Schalter in der Landsparkasse im höchsten Hochsommer, dass er sich in ein Sakko und in eine Krawatte quälen muss, was ich im Zeitalter der Digitalisierung immer etwas ulkig finde, weil in der Landsparkasse nur noch das Mütterchen an den Schalter geht, das 100 Euro vom Konto abheben will, weil es weder online noch den GAA beherrscht. Dafür muss das Pickelchen bei 30 Grad Anzug tragen und tut mir dafür auch aufrichtig leid. Ich meine, was für ein Quatsch - Mütterchen sieht eh nix mehr.
Irgendwie amüsierte mich das gestern alles also. Die Gäste unterwarfen sich dem Dresscode des Gastgebers und spielten Hochfinanz. Was mir insofern egal war, weil ich mich nunmal in der Jeans und dem Sakko am wohlsten fühle und ohnehin mit dem weißen Hemd eine ziemliche Konzession gemacht hatte, bitteschön. Der Frau mit dem betonierten Stahlhelm auf dem Kopf, was wohl eine Frisur darstellen sollte, war das egal - anscheinend. Und so begannen wir unsere stumme Kommunikation.
Sie mustert mich von oben bis unten. Aus ihrem Blick spricht so etwas wie eine kleine Abscheu. Was macht dieser Typ mit der Jeans hier? Und was ist dieser kleine weiße Knopf am Sakko? Hört er über die Kopfhörer wenigstens Börsennachrichten?
"We are the angry mob, we read the papers every day ... we like who we like, we hate who we hate and we're also easily swayed!"
Ich muss mich zusammenreißen, um sie nicht breit angrinsen zu müssen. Die Kaiser Chiefs dröhnen lautstark in den Gehörgängen und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es keine Zufälle gibt. Warum begegne ich gerade jetzt in meiner latent aufsässigen Phase und mit diesem Song und just dieser Textzeile im Ohr gerade jetzt diesem betonierten, leblosen Monster, mit der Mappe und der Aufschrift "Vorlagen für Dr. Müller-Lüdenscheid" unter dem Arm? Ich spüre, wie meine alten Reflexe sich melden. Menschen wie du sind auch schuld am Klimawandel und an Kinderarbeit und allem anderen auch, denke ich mir, und es fällt mir immer schwerer, das Grinsen zu unterdrücken. Durch den Kopf gehen mir diese wunderbaren absurden Momente kurz vor dem Abi, als ich mit Herrn A. die Grundkenntnisse in der gediegenen Provokation des mittelmäßigen Establishments probte. Für einen kurzen Moment gehen mir die abstrusesten Ideen durch den Kopf und ich überlege mir schon, welchen kleinen Skandal man eigentlich jetzt provozieren könnte...
...da muss das Betonmonster abbiegen. Sie steht direkt neben mir, direkt vor der schweren Tür von Dr. Müller-Lüdenscheid, an dessen Tür sie auch als treugediente Sklavin anklopfen muss, ehe ein gnädig-bräsiges "Ja" ertönt. Monster wirft mir noch einmal einen entsetzten Blick zu und sagt mir damit, dass sie froh ist, in ihrer Welt der schweren Bürotüren und bräsiger Chefs gefangen zu sein und dass sie um Himmels Willen denkt, dass es verflucht blöder Zufall gewesen sein muss, ausgerechnet heute ausgerechnet mir über den Weg gelaufen zu sein.
Guten Morgen, würgt sie sich raus und meint damit mich und nicht Dr. Müller-Lüdenscheid. Klar, ich bin ja ihr Gast hier und Gäste begrüßt man halbwegs höflich. Und irgendwie muss ich ja in diesen Tempel hineingekommen sein, die Sicherheitsvorkehrungen jedenfalls sind dort so, dass ich schon eine Maschinenpistole in der Hand haben müsste, um an den kräftigen Jungs da unten einfach so vorbeizukommen.
Die Tür schließt sich, das Monster ist froh darum. Ich muss weiter, in einen anderen Raum, ich bin schließlich nicht zum Vergnügen hier, bin aber in dem Moment ziemlich froh darüber, immer noch die Freiheit zu haben, zu dem freundlich sein zu können, zu dem ich freundlich sein will. Ich drehe nochmal die Köpfhörer auf und gehe auf meinen Raum zu...
...... we like who we like, we hate who we hate and we're also easily swayed..."
Kopfhörer ab. Hinter mir fällt die schwere Tür zu.
Irgendwie amüsierte mich das gestern alles also. Die Gäste unterwarfen sich dem Dresscode des Gastgebers und spielten Hochfinanz. Was mir insofern egal war, weil ich mich nunmal in der Jeans und dem Sakko am wohlsten fühle und ohnehin mit dem weißen Hemd eine ziemliche Konzession gemacht hatte, bitteschön. Der Frau mit dem betonierten Stahlhelm auf dem Kopf, was wohl eine Frisur darstellen sollte, war das egal - anscheinend. Und so begannen wir unsere stumme Kommunikation.
Sie mustert mich von oben bis unten. Aus ihrem Blick spricht so etwas wie eine kleine Abscheu. Was macht dieser Typ mit der Jeans hier? Und was ist dieser kleine weiße Knopf am Sakko? Hört er über die Kopfhörer wenigstens Börsennachrichten?
"We are the angry mob, we read the papers every day ... we like who we like, we hate who we hate and we're also easily swayed!"
Ich muss mich zusammenreißen, um sie nicht breit angrinsen zu müssen. Die Kaiser Chiefs dröhnen lautstark in den Gehörgängen und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es keine Zufälle gibt. Warum begegne ich gerade jetzt in meiner latent aufsässigen Phase und mit diesem Song und just dieser Textzeile im Ohr gerade jetzt diesem betonierten, leblosen Monster, mit der Mappe und der Aufschrift "Vorlagen für Dr. Müller-Lüdenscheid" unter dem Arm? Ich spüre, wie meine alten Reflexe sich melden. Menschen wie du sind auch schuld am Klimawandel und an Kinderarbeit und allem anderen auch, denke ich mir, und es fällt mir immer schwerer, das Grinsen zu unterdrücken. Durch den Kopf gehen mir diese wunderbaren absurden Momente kurz vor dem Abi, als ich mit Herrn A. die Grundkenntnisse in der gediegenen Provokation des mittelmäßigen Establishments probte. Für einen kurzen Moment gehen mir die abstrusesten Ideen durch den Kopf und ich überlege mir schon, welchen kleinen Skandal man eigentlich jetzt provozieren könnte...
...da muss das Betonmonster abbiegen. Sie steht direkt neben mir, direkt vor der schweren Tür von Dr. Müller-Lüdenscheid, an dessen Tür sie auch als treugediente Sklavin anklopfen muss, ehe ein gnädig-bräsiges "Ja" ertönt. Monster wirft mir noch einmal einen entsetzten Blick zu und sagt mir damit, dass sie froh ist, in ihrer Welt der schweren Bürotüren und bräsiger Chefs gefangen zu sein und dass sie um Himmels Willen denkt, dass es verflucht blöder Zufall gewesen sein muss, ausgerechnet heute ausgerechnet mir über den Weg gelaufen zu sein.
Guten Morgen, würgt sie sich raus und meint damit mich und nicht Dr. Müller-Lüdenscheid. Klar, ich bin ja ihr Gast hier und Gäste begrüßt man halbwegs höflich. Und irgendwie muss ich ja in diesen Tempel hineingekommen sein, die Sicherheitsvorkehrungen jedenfalls sind dort so, dass ich schon eine Maschinenpistole in der Hand haben müsste, um an den kräftigen Jungs da unten einfach so vorbeizukommen.
Die Tür schließt sich, das Monster ist froh darum. Ich muss weiter, in einen anderen Raum, ich bin schließlich nicht zum Vergnügen hier, bin aber in dem Moment ziemlich froh darüber, immer noch die Freiheit zu haben, zu dem freundlich sein zu können, zu dem ich freundlich sein will. Ich drehe nochmal die Köpfhörer auf und gehe auf meinen Raum zu...
...... we like who we like, we hate who we hate and we're also easily swayed..."
Kopfhörer ab. Hinter mir fällt die schwere Tür zu.
Herzogspitalstr. 14 - 28. Feb, 10:14