Wenn man in München-Mitte lebt, kann man all das, wofür die Stadt berühmt und manchmal auch berüchtigt ist, live erleben. Man erlebt unglaublich aufblondierte Bar-Schicksen aus dem Lenbach, die dort erst kellnern und später zunächst Strunz und dann Effenberg heißen und durch die Klatschspalten flanieren (mit der Endausbaustufe "Moderatorin", vgl. hierzu auch Kerth, Verena). Man sieht inflationär viele Proll-Porsches, gegelte Windeier, gestriegelte Blender, geföhnte Heißlufterzeuger. Daneben stehen dann in Schuppen wie dem Lenbach wahlweise gelangweilte Sekretärinnen oder hoffnungsfrohe 19-Jährige, die mit geübtem Blick taxieren, ob mann noch gold oder schon platin auf der Kreditkarte hat. Wenn dann irgendwann noch ein FC-Bayern-Profi dem Laden die Ehre gibt oder wahlweise noch irgendeiner, der gerade in der Oly-Halle ein paar Tausen Leute zum Kreischen gebracht hat, ist der Laden geadelt. Zumindest in den Augen der Aufblondierten und der Prollporschefahrer.
Man weiß also ziemlich genau auf was man sich einlässt, wenn man nach München-Mitte zieht. Noch dazu, wenn in der gleichen Straße das Mia residiert, das irgendwann bis vor kurzem zumindest noch Frl. G. Siegel gehört hat und in dem sich irgendwie auch mal Figuren wie Tommy Haas rumgetrieben haben. Und obwohl man das genau weiß, ist es irgendwie unerquicklich, wenn man die neuesten Studien liest, denen zufolge der Trend noch stärker wird. Demnach verdrängen die Reichen jetzt die Gutsituierten, demnach steht München-Mitte vor einer Invasion der...nunja, siehe oben. Operwohnungen in München, der neueste Trend. Der Rest außendrum als Exil für junge Familien, die sich wenigstens das Umland noch leisten wollen und können; das flache Land draußen Richtung Niederbayern als künftiges Seniorenreservat und Domizil für intellektuelles Lumpenproletariat. So hätten sie das gerne, die Operngänger.
Man muss diese Stadt schon sehr mögen, um es in ihr aushalten zu können.
Herzogspitalstr. 14 - 12. Mär, 12:45