Bei den Nürnberger Prozessen sorgte es damals für ziemliches Aufsehen und Entsetzen, als einer der Ankläger einen waschechten Schrumpfkopf hervorzog. Letzteres gehörte ursprünglich einem Polen, der seinen Spaß beim Sex mit einer Deutschen fand. Den Schrumpfkompf wiederum nahm sich danach ein deutscher Lagerkommandant als spaßiges Spielzeug: Er benutzte ihn als Briefbeschwerer auf seinem Schreibtisch.
60 Jahre später entsetzt man sich wieder über deutsche Uniformierte, die Totenköpfe irgendwie zweckkentfremden. Und pflichtschuldigts spricht man davon, dass man die Maßnahmen in der staatsbürgerlichen Bildung verschärfen müsse und dass sowas sicher nur Einzelfälle seien.
Es ist ja nun schon ein paar Tage her, dass ich diesem Haufen angehören durfte musste, aber das ruft nicht einmal müdestes Schmunzeln hervor. Der so genannte staatsbürgerliche Unetrricht damals, das waren Schlafstunden, bevorzugt abgehalten nach irgendwelchen nächtlichen Gewaltmärschen, nach denen du sogar im Stehen an der Klowand einschläfst. Abgehalten von irgendwelchen Unteroffiziers-Dienstgraden, die irgendwas vorlasen, was sie in irgendeiner Vorschrift mal gefunden hatten und eh nicht kapierten und auch gar nicht kapieren wollten. Und irgendwie feixten dabei alle ein wenig und klar war eh: Der Feind steht erstens im Osten und die Zivilisten sollte man, ad zwo, bei sowas nicht mitreden lassen, wenns um soldatische Belange geht, kommt eh nur Bullshit bei rum.
Einzelfälle? War nicht so sehr mein Eindruck, wenn ich an die Leute von damals zurückdenke. Und es würde mich nicht wundern, wenn die Totenkopfspieler in der Truppe auf eine Menge versteckter Sympathie stoßen würden, zumindest aber auf eine Art Grundverständnis, nach dem Motto: Die stellen sich wieder an, da draußen.
...ich jetzt gerade noch in meinem Büro sitze und administrativen Kram erledige, fällt mir nochmal die strukturelle Verblödung des Festangestellten ein.
Ich könnte es nicht mehr. Jetzt schon, nach ein paar Monaten.
Ich könnte keinen selbstverliebten, abgedrehten Chef und seine irren Meinungen und Projekte ertragen. Ich könnte nicht mehr morgens um 9 ins Office gehen und bis abends ausharren. Ich könnte keinen Smalltalk mehr führen mit Kollegen, deren IQ unter der Raumtemperatur liegt. Ich könnte diese Diadochenkonkurrenzkämpfe nicht mehr ertragen.
Ich würde einem 27jährigen CvD eine scheuern, wenn er mir dumm käme.
Wie spät ist es? Viertel vor zehn? Na und? Alles besser, als strukturell zu verblöden.
Nach drei Tagen München-Mitte und den vielen verbalen Schlaumicheleien dieser Tage und der bemühten wir-sind-alle-klug-und-weise-Attidüde rein ins Auto, der Erfindung der Playlists bei iTunes ewig dankbar sein, die frischgebrannte Ramones-CD rein, laut aufdrehen und dann diesen intelektuellen Dreck abschütteln wie Wassertropfen unter der Dusche.
Werter Herr A., natürlich waren diemal gut. Zumindest bis 1983. Falls Du Dich erinnerst ist mir bei dem im Video zu sehenden Song mal der Lautsprecher explodiert. Den finde ich bis heute sensationell gut. Die beste Nummer, die die seit 1974 und The Lamb gemacht haben. Eine perfekte Sensation. Und diese visuellen Effekte, wunderbar, einfach wunderbar...
Und erst den zweiten Teil, den hier...images of sorrow, pictures of delight... du erinnerst dich?
Irgendwann mal nur, blöd jetzt, wurden die Jungs alt und wir erwachsen und über den ganzen Kram nach Invisible Touch konnte ich nicht mehr richtig lachen, das nahm tragische Züge an. Aber ok, wir gehen hin. WIR! Compris? Du sollst ja nicht umsonst gelitten haben unter meiner dominant vererbten Veranlagung zum Gesinnungsterrorismus.
Ach ja, und die sind auch unplugged richtig geil. Watch this!!
Abschließende Erkenntisse: Mike Rutherfords Gesicht ähnelt einem Schleifstein, Mr. Banks muss mit Knoten in den Fingern spielen, um sich nicht die klassische Ausbildung raushängen zu lassen. Und Collins ist ein fromidabel guter Drummer. Unfassbar gut, immer noch.
Klar habe ich die letzten sehr entschleunigten und irgendwie unstädtischen Wochen gemocht. Trotzdem freue ich mich jetzt gerade auf etwas, worüber ich in letzter Zeit gerne gemosert habe: auf München-Mitte, den Justizpalast, ein bisschen Wortgeklingel, so tun als ob. Auf Justipalast als geile Location und überhaupt auf dieses Klassentreffen, das so völlig anders sein wird als das, bei dem ich am Wochenende war. Best of both worlds.