Das Leben war früher irgendwie einfacher. Zum Beispiel, wenn es um vor und hinter den Alpen, Norden und Süden, Deutschland und Italien ging. Die Sache war ganz klar und war die: In Deutschland hatten wir saubere Straßen, schnelle, fette Autos und kasernenartig gedrillte Gärten. Und in den Bergen hingen Wolken. Italien wiederum fing da an, wo die Leitplanken rostig und die Straßen kleine Kraterlandschaften waren. Außerdem waren die Autos meistens rostig, verbeult und außerdem Fiats. Die Flüsse waren ausgetrocknet und wenn sie das ausnahmsweise mal nicht waren, waren sie grün. Und in den Bergen hingen Wolken und in den Gärten wahllos Wäschestücke rum.
Wenn man dann mal so 15 Jahre nicht an der Adria war, weil man irgendwie die Kolonnen deutscher Urlauber nicht wirklich ertragen konnte und zudem auch noch Kohorten in Trabbis und Wartburgs und Ballonseide-Trainingsanzügen befürchten musste, dann ist man ein klein wenig erstaunt, wenn man heute in den reichen Norden Italiens kommt. Davon abgesehen, dass Leitplanken und Straßen inzwischen in einem deutlich besseren Zustand sind als - sagen wir - eine durchschnittliche Straße in und um Gelsenkirchen rum, ist es dort irgendwie sehr deutsch geworden. Sehr ordentlich. Sehr sauber. ZU sauber. Die Gärten sehen etwas kastriert aus, die Häuser sind piccobello, in den Kneipen wird nicht mehr geraucht und an den Stränden wird aufgeräumt und auf Ordnung geachtet, dass jeder durchschnittliche Beamtenmensch in Deutschland seine helle Freude daran hätte (vermutlich ist das auch das Ziel).
Und das Meer - das Meer ist, lachen Sie bitte nicht, es ist weg. Da wo vor 15 Jahren noch Wellen an den Strand klatschten, lassen heute Kinder auf riesigen Sandflächen Drachen steigen. Vermutlich hat Al Gore das inszeniert und in Wirklichkeit ist die Adria inzwischen ein Filmset, in dem irgendwann demnächst Gore aus den Wellen steigt und bedrohlich verkündet: Noch vor wenigen Jahren hätte man hier nicht einmal schwimmend überleben können. Doch der CO2-Ausstoß...
Aber who cares, es ist immer noch bella italia, mit seinem einzigartigem Licht, den Menschen, die in lauen Sommernächten irgendwo sitzen und irgendwas schauen, dieser entspannten Atmosphäre, die man bei uns auch dann nicht hinbekommt, wenn sich einen Cappucciono bestellt, den die meisten hier einfach mit Kaffee verwechseln, und man sich komische Slipper an die Füße zieht und Hemden trägt, die von Designern mit vermeintlich italienischem Namen gemacht wurden. Ein kleines Paradies für Fotografen übrigens, das. Nur mal noch so am Rande erwähnt.
Herzogspitalstr. 14 - 12. Sep, 19:27